v.l. Baxter-Personalleiter Jürgen Fleischer, Referent Dr. Andreas Siebe, Bürgermeisterin Anne Rodenbrock-Wesselmann und Baxter-Geschäftsführer Frank Generotzky begrüßten die Gäste.© Stadt Halle (Westf.)In ihren einleitenden Worten blickte die Bürgermeisterin auf ein ereignisreiches Jahr 2018. Die nächste A33-Teileröffnung bis zur Anschlussstelle Halle (Westf.) sei bereits in Sichtweite. Durch die Fertigstellung der Autobahn werde die Lange Straße zu einer Gemeindestraße umgewidmet und ermögliche erstmalig eine Neuplanung der Straße durch die Stadt. Hier gebe es die Möglichkeit zum gegenseitigen Dialog im Rahmen einer Bürgerbeteiligung. Im Bereich der Alleestraße habe es viele Vorschläge zur Neugestaltung gegeben. Nun warte man auf die Entscheidung des Landes, ob Fördermittel akquiriert werden könnten. Außerdem wurde für den Regionalplan OWL 2035 ein Siedlungsflächenkonzept erarbeitet, dass Optionen für weitere, zukünftige Gestaltungen biete.
„Auch 2019 erwarten uns viele spannende Projekte“, versprach Anne Rodenbrock-Wesselmann. Nach dem Abriss der Sandkamp-Häuser entstehe Platz für neues, zeitgemäßes Wohnen. Planungen hinsichtlich des neuen Wohngebietes „Gartnischkamp“ und auf dem ehemaligen Gelände „Kaup“ an der Alleestraße würden sich weiter konkretisieren. Ganz besonders freue es sie, dass der langersehnte Glasfaserausbau in den Außenbezirken Halles beginnen soll.
Die Bürgermeisterin bedankte sich bei den Teilnehmern des Abends. Halle (Westf.) sei durch einen breiten Branchenmix der ortsansässigen Wirtschaftsunternehmen auch für manchmal turbulente Zeiten gut aufgestellt. Der Haushalt 2019 werde im Dezember voraussichtlich mit einem Überschuss von 1,9 Mio. Euro verabschiedet. „Durch Ihre Wirtschaftskraft können wir weiter gestalten und neue Dinge auf den Weg bringen, Ihnen alle herzlichen Dank dafür“, schließt sie ihren Jahresrückblick.
Welche Wirtschaftskraft von Halle (Westf.) in die ganze Welt getragen wird, stellte Geschäftsführer Frank Generotzky eindrucksvoll in seiner Präsentation über die Baxter Oncology GmbH dar. Der Standort sei seit 2012 von 400 auf inzwischen fast 650 Mitarbeiter gewachsen. Baxter Oncology sei spezialisiert auf die Herstellung therapeutischer Arzneimittel zur Behandlung von Krebserkrankungen. Baxter produziere sieben eigene Arzneimittel, das Hauptaugenmerk liege aber in der Lohnfertigung von Arzneimitteln anderer Pharmaunternehmen. „Da sind wir richtig gut“, betont Frank Generotzky, „14 der Top 20 Pharmaunternehmen vertrauen uns.“ Die Produkte von Baxter würden in über 120 Länder geliefert. Insgesamt versorge Baxter Oncology jährlich 60 Mill. Menschen mit Chemotherapeutika.
Weiter erklärt Herr Generotzky, dass in Halle Injektionslösungen und Pulver für Injektionsflaschen hergestellt würden. Wirkstoffe, die in Lösungen nicht stabil seien, würden in Halle nach dem Verfahren der Lyophilisation (Gefriertrocknung bei -40°C) pulverisiert. Dafür wurde 2015 eine neue Fertigungshalle mit 2 Gefriertrocknungsanlagen gebaut. Das Verfahren ermögliche die Pulverisierung in drei bis zehn Tagen. Die Flüssigabfüllung von Medikamenten dauere einen Tag, erläutert Geschäftsführer Frank Generotzky die unterschiedlichen Prozesse.
Bei den Produkten von Baxter Oncology gehe es immer darum, „Leben zu retten und zu erhalten.“ Höchste Präzision sei bei allen Arbeitsschritten zum Wohle der Patienten unabdingbar. Neue Mitarbeiter würden die einzelnen Abläufe zunächst an Holzmodellen detailliert üben. Beim Befüllen der Behälter werde beispielsweise jedes einzelne sterile Glas gewogen, dann befüllt und anschließend erneut gewogen, um 100%ige Sicherheit der Wirkstoffe zu gewährleisten. „Im Jahr haben wir über 30 Audits von Behörden und Kunden, so der Geschäftsführer, „ein Teil unserer Produktion ist aus Glas, um die Transparenz für Kunden und in Audits herzustellen.“ Im gesamten Fertigungsprozess „sind unsere Mitarbeiter stets getrennt vom Produkt“, betont der Standortleiter weiter. Erst wenn ein Fläschchen verschlossen sei, würden Mitarbeiter die Gebinde berühren. In der hauseigenen Kläranlage werde anschließend das Wasser so lange gereinigt, bis die Wasserqualität einwandfrei sei. Teilweise würde die Kläranlage reineres Wasser abgeben, als vorher entnommen wurde.
Um die Qualität der Pharmakanten, Chemiekanten und Chemielaboranten sicher zu stellen, vergrößerte Baxter Oncology das Ausbildungslabor deutlich. Inzwischen können 80 Auszubildende und Studierende bei Baxter in Halle in die Berufswelt starten.
Weltweit gehörten zum Baxter-Konzern 40 Produktionsstandorte mit 47.000 Mitarbeitern in 100 Ländern. Der weltweite Umsatz liege bei 10,2 Mrd. USD in 2016; 40% des Umsatzes werde in Amerika und 28% in Europa generiert, so Frank Generotzky.
Entscheidungen über zukünftige Investitionen, wie hier am Standort, sind keine Bauchentscheidungen. Der Referent des Abends, Dr. Andreas Siebe von der ScMI Szenario Management International AG aus Paderborn, erklärte den Prozess des Szenario-Managements. Mit dessen Hilfe sei es möglich, Zukünfte besser vorauszudenken und Entscheidungen robuster zu treffen. Dabei betonte er, dass „Zukunft“ einen Plural habe, denn es gebe eine Vielzahl von Zukunftsszenarien, die nach unterschiedlichen Einflussfaktoren gewichtet werden, um die Stoßrichtung des Unternehmens vorzugeben.
Veränderungen im Leben seien allgegenwärtig und notwendig. Teilweise treffe man Fehlentscheidungen. So schätzte ein großer Telefonanbieter den Markt der Mobiltelefone 1982 als zu klein ein, um zu investieren. Heute weiß er, dass seine damalige Entscheidung falsch war. Dennoch sei es wichtig, so Dr. Siebe, kritisch über den Tellerrand zu schauen und nicht in den Rückspiegel.
Auf Trends als Veränderungsimpulse zu setzen, kann, muss aber nicht richtig sein. Zielführend hält der Zukunftsforscher eine breit aufgestellte Arbeitsgruppe aus unterschiedlichen „Denkern“, die im offenen Dialog verschiedene Zukunftsprojektionen entwickeln und bewerten.
Ratsam sei es, keine aktuellen Probleme zu lösen, sondern die „Zukunft vorauszudenken“. Die Unternehmensstrategie gebe immer die Stoßrichtung vor, welche Szenarien weiter verfolgt würden, müsste sich aber den eintretenden Gegebenheiten anpassen. Manchmal sei es auch hilfreich, die Perspektive zu verändern. Trotz aller Vorausplanung gebe es weiterhin auch unvorhersehbare Ereignisse wie „schwarze Schwäne“, die alle Szenarien über den Haufen werfen könnten. Dennoch sei das Scenario-Management eine Möglichkeit, robuster zu entscheiden, so Dr. Andreas Siebe. Anschließend wurden die Teilnehmer mit Leckereien aus der Cafeteria verwöhnt.